Doppik, seit 500 Jahre bewährt: zum Verständnis ihrer Leistungen
Auszug aus: Fischer, Walter P. (2006): Grundlegende Rechenprinzipien der kaufmännischen Buchführung. Historische Entwicklung und Anwendung als öffentliches Rechnungswesen. Brühl, S. 48 f. Online-Quelle (Formatierung z. T. geändert, Hervorhebungen ergänzt. B. K.)
4 Anwendung als öffentliches und als kaufmännisches Rechnungswesen
Die im Kapitel 3 beschriebene Rechnungsstruktur wurde vor mehr als 500 Jahren von Kaufleuten der italienischen Stadtstaaten entwickelt. Sie hatten als erste verstanden, auf welche Zielgrößen es beim Wirtschaften ankommt, wie diese Zielgrößen miteinander zusammenhängen und durch Entscheidungen beeinflusst werden können. Sie waren es auch, die sich in der kaufmännischen Buchführung ein Informationssystem entwickelten, das diese Zusammenhänge abbildet. Die wirtschaftlichen Erfolge der italienischen Stadtstaaten, vor allem ihre enorme Flexibilität bei der Einführung lukrativer Produkte, sind darauf zurückzuführen, dass die in Staat und Gesellschaft wirtschaftlich Handelnden diese Zusammenhänge im Kopf hatten.
Für das Management privater Unternehmen ist die damals entwickelte Sichtweise in den folgenden Jahrhunderten so selbstverständlich geworden, dass sich kaum jemand vorstellt, man könne es je anders gemacht haben: Jede Aktion, d. h. jede einzelne Entscheidung, wird im Hinblick auf mehrere wirtschaftlich relevante Kriterien eingeordnet und bewertet und zwar hinsichtlich der durch die Entscheidung verursachten Veränderungen:
- des Vermögens und der Schulden
- des Aufwands, der Erträge und des Erfolgs
- der verfügbaren Geldmittel.
"Wer wirtschaftlich relevante Entscheidungen zu treffen hat kann nicht umhin, die voraussichtlichen Auswirkungen einer Entscheidung hinsichtlich sämtlicher Kriterien [...] im Entscheidungsprozess zu berücksichtigen." W. Fischer
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Die Einordnung und Bewertung erfolgt nicht in separaten Einzelrechnungen, sondern in einer integrierten Rechnung, die die verschiedenen Auswirkungen des Handelns simultan erfasst und deren Rechnungsstruktur in den Kapiteln 3.1 und 3.2 dargestellt ist.
Wer wirtschaftlich relevante Entscheidungen zu treffen hat und sich der Rechnungsstruktur bewusst ist, kann nicht umhin, die voraussichtlichen Auswirkungen einer Entscheidung hinsichtlich sämtlicher Kriterien schon im Vorfeld zu prognostizieren und im Entscheidungsprozeß zu berücksichtigen.
Färber, Gisela/Salm, Marco/Schwab, Christian (2014): Evaluation des Verwaltungsmodernisierungsprozesses "CHANGE²" der Stadt Mannheim. Speyer (Speyerer Forschungsbericht 276). Online-Quelle1 / Online-Quelle2
KURZFASSUNG
Das Forschungsinstitut für Öffentliche Verwaltung Speyer (FÖV) hat im Auftrag der Stadt Mannheim den im Jahr 2008 begonnenen Verwaltungsmodernisierungsprozess CHANGE² evaluiert. Gegenstand der Untersuchung waren die bisherige Zielerreichung der drei von der Stadt Mannheim selbst gesetzten Modernitätskriterien – Organisationsstringenz, Organisationsentwicklung, Organisationsveränderung –, die Einordnung des Prozesses in Forschung und Praxis sowie die Ableitung von Handlungsempfehlungen für die Fortführung des Reformvorhabens über das Jahr 2013 hinaus.
Die Evaluation basiert insbesondere auf einer umfangreichen Dokumentenanalyse, Fachinterviews mit zentralen Akteuren im CHANGE²-Prozess sowie einem interkommunalen Vergleich mit den Modernisierungsprogrammen der Städte Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart.
Aus Sicht des FÖVs sind folgende Ergebnisse besonders relevant:
- Der ganzheitliche, strategisch orientierte Ansatz des Mannheimer Veränderungsprozesses mit seiner intendierten Steuerung nach gesamtstädtischen, bereichsübergreifenden Zielen stellt einen erfolgversprechenden Weg für die Modernisierung von Verwaltung und der Gestaltung von Stadtgesellschaft dar.
- Das damit verbundene umfassende Steuerungsmodell, das in der Verwaltungswissenschaft seit längerem diskutiert wird, ist damit in Mannheim erstmals in Angriff genommen und in die Praxis umgesetzt worden. Den Problemlagen des neuen Steuerungsmodells wurde weitgehend Rechnung getragen.
- Das Mannheimer Modernisierungsvorhaben ist in seiner Zielstellung, Struktur und Durchführung wesentlich breiter angelegt als die Reformprozesse der ausgewählten Vergleichsstädte Freiburg, Karlsruhe und Stuttgart.
- Hervorzuheben ist insbesondere die erfolgte Schwerpunktsetzung auf Kommunikation und Zusammenarbeit. Es gibt unserer Erkenntnis nach keine vergleichbare Stadtverwaltung dieser Größe in Deutschland, welche ein solch umfangreiches Instrumentarium an Kommunikationsformen, Dialogformaten sowie Befragung- und Führungsinstrumenten implementiert und in ein strategisches Gesamtkonzept eingebracht hat.
- Mannheim hat einen erheblichen Teil des Reformprozesses durchlaufen und seine selbst gestellten Ziele überwiegend erreicht. Die Implementationsphase ist nahezu abgeschlossen, CHANGE2 muss in eine Konsolidierungsphase übergehen und sich in Praxis- und Verwaltungshandeln bewähren.
- Elementar für das Gelingen des CHANGE2-Prozesses ist das Schließen des Managementkreislaufs. Die Implementierung wesentlicher Teile dieses regelmäßigen Kreislaufs, nämlich die kontinuierliche Ergebnis- und Wirkungsmessung mit anschließender Qualitätskontrolle, stehen noch aus.
- Insgesamt scheinen nach wie vor und erwartungsgemäß die stärksten Hemmschuhe in den Bereichen Kommunikation und Zusammenarbeit zu liegen. So besteht weiterhin ein enormer Bedarf in der Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit auf verwaltungsinterner vertikaler (zwischen Dezernaten-Fachbereichen-MitarbeiterInnen) und horizontaler Ebene (zwischen Dezernaten und Fachbereichen sowie zwischen Fachbereichen und Querschnittsämter) sowie im Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung.