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Diskontierung, Diskontierungssatz


Mit der Diskontierung werden Zahlungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen, in ihrem Wert vergleichbar gemacht, indem sie auf den Wert zu auf einen gemeinsamen Zeitpunkt umgerechnet werden. Denn 1.000 €, die heute gezahlt werden, sind eine größere wirtschaftliche Belastung, also "teurer", als wenn sie erst in fünf Jahren gezahlt werden. Der Unterschied wird durch Diskontierung (Abzinsung) der Zahlungen, die später erfolgen, ausgeglichen. 

Die Frage der Diskontierung erörtert der Bundesrechnungshof - in seiner Rolle als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung - in seinem 2013 erstellten Gutachten über Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei ÖPP. Darin heißt es (S. 13 ff.):

3.1.1 Barwertmethode

Bei der Barwertmethode werden die Zahlungsverpflichtungen des Bundes, die bei der konventionellen und der ÖPP-Variante entstehen, zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit abgebildet. Um die Zahlungsströme vergleichen zu können, werden die in der Zukunft anfallenden Zahlungen auf einen einheitlichen Bezugszeitpunkt (Diskontierungszeitpunkt) abgezinst. Eine Zahlung, die in späteren Jahren anfällt, wird dadurch geringer gewichtet als eine gleichhohe Zahlung, die zu Beginn der Projektlaufzeit zu leisten ist. So wird für jede Variante der Wert ermittelt, den die künftigen Zahlungen in der Gegenwart besitzen.

Diese Barwerte der Varianten können miteinander verglichen werden. Wie stark künftige Zahlungen abgewertet werden, hängt dabei von dem Zinssatz ab, mit dem die Zahlungen auf den Bezugszeitpunkt abgezinst werden (Diskontierungszinssatz).

3.1.1.1 Diskontierungszins und Zinsänderungsrisiko

Dem Diskontierungszins kommen in einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zwei zentrale Aufgaben zu:

  1. Der Diskontierungszins soll Varianten mit unterschiedlichen zeitlichen Zahlungsströmen miteinander vergleichbar machen.
  2. Der Diskontierungszins soll die Finanzierungskosten des Bundes darstellen.

Derzeit existiert kein Verfahren, die tatsächlichen Finanzierungskosten des Bundes zu ermitteln. Trifft man aber die Annahme, dass der Bund eine Maßnahme projektspezifisch finanziert, so können die Finanzierungskosten zum Bezugszeitpunkt aus der stichtagsbezogenen Zinsstrukturkurve abgeleitet werden. Diese Annahme ist zwar hypothetisch, weil der Bund seine Kreditaufnahme nicht am einzelnen Projekt ausrichtet. Sie ist aber dennoch zulässig, weil er das zu betrachtende Projekt zum Bezugszeitpunkt genau zu den in der stichtagsbezogenen Zinsstrukturkurve abgebildeten Konditionen am Markt finanzieren könnte.

Ein Vorteil der Zinsstrukturkurve besteht darin, umfassende Marktinformationen über die erwartete zukünftige Zinsentwicklung zu berücksichtigen. Dies ist von besonderer Relevanz, wenn das Risiko einer Zinsänderung an den Privaten übertragen wird. Es ist davon auszugehen, dass auf dem (Kapital) Markt die Informationen zur Zinserwartung auf die effizienteste Weise zusammengeführt werden.  

Das Bundesfinanzministerium empfiehlt seit dem 30. Juli 2007 für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, bei längerfristigen Maßnahmen den Diskontierungszinssatz aus der Zinsstrukturkurve herzuleiten.


Grundlage der Stellungnahme des BRH und der Festlegungen des BMF sind insbesondere die gutachtlichen Stellungnahmen von Beckers, Corneo, Mühlenkamp, Klatt (2009). Siehe zu dieser Problematik auch Krems (2009): Thesen zur Festlegung von Diskontierungsraten für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen.

Diskussion

Der BRH begründet seine Empfehlungen - ebenso wie der BMF - mit einer Annahme, die genau so gut auch anders ausfallen könnte. Denn die unterstellte und mögliche, aber nicht vorgenommene Projektfinanzierung repräsentiert nicht die tatsächliche wirtschaftliche Bedeutung der Investition. Deshalb ist es mindestens so plausibel, die tatsächliche Zinsbelastung durch Kredite zugrunde zu legen. Denn die öffentlichen Haushalte finanzieren sich nicht langfristig entsprechend der Nutzungsdauer ihrer Investitionsobjekte, sondern rollierend. Dem "Risiko" künftiger Zinssteigerungen steht die Chance sinkender Zinsbelastungen gegenüber, so dass es keinen Grund gibt, auf den tatsächlich gezahlten Zins der Kredite einen Sicherheitszuschlag zu berechnen, es sei denn, der Zinssatz sei historisch niedrig. 

Denn zu berücksichtigen ist ferner, dass grundsätzliche alle Ausgabemöglichkeiten im Haushalt mit einander konkurrieren, und die öffentlichen Haushalte zu einem erheblichen Teil durch Einnahmen Einnahmen aus Steuern und Gebühren finanziert werden. Deshalb müsste auch der Zinssatz für die Anlage der Einnahmen am Kapitalmarkt (als entgangene Zinsen, Opportunitätskosten) einbezogen werden. Für den Bund kann von einem Gleichstand ausgegangen werden: er erzielt bei einer Anlage am Geldmarkt im Zweifel die gleichen Zinsen, die er bei Krediten zahlen muss. Das gilt aber z. B. nicht für die Kommunen.

Sensitivitätsanalyse unverzichtbar

Wegen der Problematik der Ermittlung des Zinssatzes sollte jede Wirtschaftlichkeitsuntersuchung mit einer Empfindlichkeitsanalyse prüfen, ob der Diskontierungssatz für das Ergebnis ausschlaggebend ist. Sollte das der Fall sein, ist zu überlegen, die Wahrscheinlichkeit der Zinssätze in die Bewertung einzubeziehen.

Diskontierungsraten in den USA

  • Das US-Office of Management and Budget (OMB) definiert für die Kosten-Wirksamkeitsanalyse (cost-effectiveness analysis) Zinssätze von 2,1 % (3 Jahre) bis 2,8% (30 Jahre), orientiert an den "real Treasury borrowing rate on marketable securities".
  • Für Kosten-Nutzenanalysen bleibt es bei der Vorgabe, dass mit 3 % und 7 % zu rechnen ist (Circular  No. A-94, Online-Quelle am 7. Juli 2009, und Memorandum M-08-08 vom 14. Januar 2008).

Die Quelle der aktuellen Festlegungen (2009) für KWA:

http://www.whitehouse.gov/omb/rewrite/circulars/a094/a94_appx-c.html

Auszug aus diesem Dokument.

 

 

 



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