Bildung


Einführung

Im Bildungsbereich gibt es inzwischen umfangreiche empirische Erkenntnisse. Allein sie zur Kenntnis zu nehmen und in konkretes Handeln umzusetzen würde einen Sprung in der Wirkung unserer Bildungsinvestitionen bedeuten. Aber die allgemeine Diskussion und die der Politik nimmt sie großenteils nicht zur Kenntnis, selbst eindeutig widerlegte Vorurteile prägen Politik und Praxis, z. B. das Vorurteil, dass kleinere Klassen zu besseren Lernergebnissen führen (siehe unten).

Wir brauchen eine wirkungsorientierte Bildungspolitik und wirkungsorientierte Bildungsmaßnahmen. Wir brauchen die systematische Überprüfung, welche Maßnahmen welche Wirkungen haben.


Der wichtigste Bestimmungsfaktor für Schülerleistungen besteht in der Qualität des Unterrichts. Die Anzahl der Unterrichtsstunden dagegen spielt eher eine untergeordnete Rolle. Um die PISA-Ergebnisse zu verbessern ist es daher nicht ausreichend, die Anzahl der Unterrichtsstunden zu erhöhen, sondern es ist die Qualität des Unterrichts zu steigern. (OECD, 2011a)


Warum wird die Sprachförderung in den Grundschulen nicht systematisch evaluiert?

Wir brauchen eine empirisch fundierte, eine wirkungsorientierte Bildungspolitik!

Heike Schmoll, Bildungsexpertin der FAZ: "Warum gelingt es trotz der vielen Sprachförderprogramme und millionenschwerer Leseprogramme nicht, in den Grundschulen ein tragfähiges Fundament der Sprachbeherrschung zu legen? Die meisten dieser Programme wurden nie auf ihre Wirksamkeit überprüft." Online-Quelle

Und die jüngste umfangreiche Studie, was die Grundschulen leisten, zeigt erschreckende vermeidbare (!) Defizite der Grundschulbildung in den Stadtstaaten und in Hessen, und große Unterschiede in der Förderung schwacher und leistungsstarker Schüler.

Und sie stellt fest: nicht nur ist ungeklärt, ob die zahlreichen Maßnahmen, die es inzwischen gibt, überhaupt wirksam sind, offen ist auch, ob sie überhaupt die Schülerinnen und Schüler erreichen, die Förderung benötigen (Zusammenfassung S. 21).

Quellen und weitere Beiträge:

und der IQB-Ländervergleich 2011 im Auftrag der Kultusministerkonferenz selbst

Burkhardt Krems, 07.01.2013

 


Vorsicht beim Umgang mit empirischen Daten

Bei der Verwendung empirischer Daten muss der Verführung widerstanden werden, aus einer Korrelation auch eine Ursächlichkeit herzuleiten: wenn die Zahl von Storchenpaaren pro Region mit der Geburtenhäufigkeit korreliert, bringen Störche dennoch nicht die Kinder. Wenn Einkommensunterschiede parallel zu Bildungsergebnissen variieren, ist noch lange nicht das Einkommen ursächlich: es ist das Verhalten der Eltern und des Umfeldes der Kinder.

Und es müssen andere Gründe in Betracht gezogen und ggf. als Ursachen ausgeschlossen werden. So bei PISA: Es wird diskutiert und z. T. geschlussfolgert, unser gegliedertes Schulsystem sei Ursache der großen Unterschiede der Bildungsergebnisse. Dazu Christian Pfeiffer u. a. 2007, 4:

"Gegen diese primär schulbezogene Betrachtungsweise der PISA-Befunde sprechen Erkenntnisse der internationalen Mediennutzungsforschung. Sie legen es nahe, zur Interpretation der beobachteten Leistungsunterschiede der vier Vergleichsgruppen deren spezifischen Mediennutzungsmuster als eine Erklärungsvariable heranzuziehen. Sowohl diese Untersuchungen als auch die Befunde unserer Schülerbefragung 2005 zeigen, dass Schulleistungen zum einen durch die Dauer des Medienkonsums, zum anderen durch die konsumierten Inhalte beeinträchtigt werden."

Pfeiffer, Christian u. a. (2007): Die PISA-Verlierer – Opfer ihres Medienkonsums Eine Analyse auf der Basis verschiedener empirischer Untersuchungen. Hannover 2007. Online-Quelle


Thesen und empirische Daten


Kleine Lerngruppen sind gut für den Bildungserfolg? Sie sind teuer und ineffektiv!

Die Forderung leuchtet ein, denn bei kleineren Lerngruppen kann der Unterricht intensiver und lernwirksamer gestaltet werden. Wer etwas für die Bildung tun will, sollte die Klassen (Lerngruppen) kleiner machen: denn dann können die Lehrkräfte wirksamer lehren.

Zahlreiche Studien international belegen aber das Gegenteil. Und es gibt einen einleuchtenden Grund dafür: kleinere Lerngruppen brauchen mehr Lehrkräfte, und die können nicht besser sein als eine kleinere Gruppe von Lehrkräften: man muss auch auf weniger qualifizierte Lehrkräfte zurückgreifen. Die Qualifikation der Lehrkräfte aber ist der entscheidende Faktor für Lernerfolg. Nachweise bei Whelan, Fenton: Lessons Learned: How Good Policies Produce Better Schools. London 2009, Kapitel 2: The world's most expensive school reform (Why more teachers means less learning), S. 36 ff.

Dazu der Bildungsforscher Wilfried Bos in der Zeit vom 14.12.2012: "Ich habe das einmal für Nordrhein-Westfalen ausgerechnet. Wenn man dort die Klassenfrequenz etwa von 26 auf 24 Schüler senkte, dann kostete das 600 Millionen Euro pro Jahr!" Mehr Wirkung hätten unterstützende zusätzliche Lehrkräfte: "Es gibt kaum ein anderes Land, das Lehrern so wenige Unterstützungskräfte gewährt wie Deutschland." Sein Vorschlag: "Man könnte, und Länder wie die Niederlande zeigen das, die Klassenfrequenzen moderat erhöhen und stattdessen mehr Speziallehrkräfte bezahlen, die die Schüler gezielt fördern."

Ergebnisse der Wirkungsforschung:
Kleine Lerngruppen kosten viel und verschlechtern Bildungsergebnisse

Weitere Quellen:

  • Interview mit dem Bildungsforscher Wilfried Bos in der Zeit vom 14.12.2012 (siehe die Zitate oben)
  • Klieme u. a. 2010: 129: negative Wirkungen größerer Klassen lassen sich "unter bestimmten Bedingungen im Primarbereich (Finn & Achilles, 1999) sowie für den Fremdsprachenunterricht im Fach Englisch finden (Helmke, Helmke & al., 2008). Generell spricht der Stand der Forschung jedoch eher dafür, dass eine Verkleinerung von Klassen in der Sekundarstufe I keine systematischen Effekte auf die Schülerleistung hat ( (von Saldern, 2006)."
  • OECD 2010: 106: "At the level of the school system ... PISA shows that higher teachers' salaries, but not smaller class sizes, are associated with better student performance."


Sprachförderung für Migrantenkinder führt zu besseren Leistungen? - Kein Erfolg nachweisbar

"Ganz gleich, nach welcher Methode Migrantenkinder im Jahr vor der Einschulung sprachlich gefördert wurden - ihre Noten am Ende der ersten und zweiten Klasse waren nicht besser als die von Mitschülern, die ohne Kurs zur Schule kamen." Und: das von der Universität Heidelberg entwickelte Programm "Deutsch für den Schulstart" gehört zu den wenigen Sprachförderprogrammen, deren Wirkung wissenschaftlich untersucht worden ist: mit enttäuschendem Ergebnis.

Die Politik pumpt Millionen von Euro in die Sprachförderung, mit wenig oder gar keinen Ergebnissen? siehe den Beitrag "Das Tee kommt in den Glas" von Julia Schaaf in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung Nr. 9, 6. März 2011, S. 55 f. (Online-Quelle)

Ergebnisse der Wirkungsforschung:
Sprachförderung kostet viel, bringt aber unter Umständen gar nichts


Sprachförderung für Migrantenkinder kann die Integration fördern ...

Hannovers Bürger sind damit nachweislich erfolgreich, und auch sonst gibt es Möglichkeiten für wirkungsvolles Handeln, siehe im Beitrag "Integraton" zu den Forschungsergebnissen von Christian Pfeifer und dem Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN)




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