Vonovia und Klimaschutz: in 150 Jahren Solarstrom für alle Wohnungen?
Vonovia, der größte Wohnungskonzern Deutschland, tut etwas für seine Image durch Investitionen für den Klimaschutz. So nachzulesen auf seiner Website. Dort heißt es: "Bereits jetzt baut das Unternehmen bundesweit rund fünf Mega-Watt Photovoltaik-Anlagen pro Jahr. Damit können ca. 2.500 Haushalte mit Strom versorgt werden." Sprich: in 150 Jahren kann der gesamte Wohnungsbestand von Vonovia mit Solarstrom versorgt werden (!?!). Quelle: https://presse.vonovia.de/de-de/aktuelles/201001-klimakonferenz-2020.
Klimaschutz in der Stadt - Wirkungen statt kostspieliger Maßnahmen Version 1.21
Köln sollte zum Klimaschutz beitragen durch CO2-Einsparung mit bestmöglicher Wirkung der eingesetzten Mittel. Den Passivhaus-Standard vorzuschreiben ist der falsche Weg.
Köln leistet natürlich auch etwas für den Umweltschutz, zumal wenn die Grünen eine starke Position in der Politik haben. Also baut man nach dem fortschrittlichsten Baustandard, der CO2 spart: dem Passivhausstandard. Klassisches Verwaltungs- und Politikverständnis.
Denn:
Erst wenn man diese Fragen stellt, wird es eine rationale Politik: die mit dem Geld des Steuerzahlers sorgsam umgeht und deshalb mit dem eingesetzten Geld auch am meisten für die Umwelt erreicht. Merke: Die 80-20-Regel gilt auch im Klimaschutz!
Es ist die viel zu selten gestellte Frage nach der Kosten-Wirksamkeit: dem Verhältnis zwischen Kosten, einerseits, dem damit geleisteten Beitrag zum Umwelt- oder Klimaschutz, andererseits. Genau das ist aber notwendig, wenn man kein Geld übrig hat – bei mehr als 200 Millionen € pro Jahr Verzehr von Eigenkapital hat die Stadt Köln kein Geld übrig – und ist deshalb zu wirtschaftlichem Verhalten gezwungen, ganz abgesehen davon dass das sogar verbindlich durch die Gemeindeordnung vorgegeben ist. „Wirtschaftlich“ heißt, richtig verstanden, ein möglichst günstiges Verhältnis zwischen Nutzen und Kosten zu erreichen. "Wirtschaftlichkeit" darf also nicht mit "Kosten reduzieren" oder gar "Rendite erzielen" verwechselt werden, ein in der öffentlichen Diskussion leider häufiges Missverständnis. (Mehr dazu ...)
Und da zeigt sich, dass der Passivhausstandard im Verhältnis zum gesetzlichen, bereits sehr anspruchsvollen Baustandard der EnEV2009 erheblich mehr kostet, zum Teil mehr als 10 % zusätzlich, aber nur sehr bescheiden dazu beiträgt, CO2 einzusparen. Verwendet man nur 1/10 der Zusatzkosten und kauft dafür CO2-Zertifikate, leistet man einen zehnfachen größeren Beitrag zum Klimaschutz zu einem Zehntel der Kosten: es rechnete sich für beide Seiten. Einzelheiten ...
Gängige politische Ziele wie „Jedes Jahr Verringerung des CO2-Ausstoßes um weitere 10 %“ (so die Stadt Frankfurt am Main) schaden dem Klimaschutz, weil hier mit immer mehr Geld immer weniger für den Klimaschutz erreicht wird. Denn je besser man schon gedämmt hat und je mehr man den Energieverbrauch bereits gesenkt hat, desto teurer wird es, noch mehr einzusparen. Das Verhältnis zwischen Kosten und Wirkung wird immer ungünstiger, denn der Nutzen für das Klima wird immer geringer, bei überproportional steigenden Kosten. Für den Klimaschutz kann man mit anderen Maßnahmen viel mehr erreichen, mit weniger Kosten.
Das ist eigentlich logisch, leicht nachzuvollziehen, aber dennoch in der Politik anscheinend weitgehend unbekannt. Es wird Zeit, dass die Politik sich zu rationalem Handeln bekennt und das auch gegenüber dem Bürger aktiv vertritt, denn auch die Bürger sind in der Lage zu rechnen. Man muss ihnen allerdings die dazu erforderlichen Informationen geben.
Statt den Passivhausstandard festzuschreiben und damit ein Mittel zum Selbstzweck zu machen, das sehr teuer ist und wenig bringt, muss die angestrebte Wirkung als Ziel festgelegt werden. Es könnte zum Beispiel lauten:
Köln leistet einen Beitrag zum Klimaschutz
durch Reduzierung klimaschädlicher Gase
mit bestmöglicher Wirkung der eingesetzten Mittel.
Materialien
Ausführliche Berechnungen zur Problematik im Teil „Wirtschaftlichkeit von Bauvorhaben“.
Burkhardt Krems, 2013-10-01/2015-01-01
Klimaschutz auf Abwegen? Die neue Energie-Einsparverordnung 2014 (EnEV 2014)
Aktuelle Herausforderung: Die neue Energieeinsparverordnung 2014, mit erneut wesentlich höheren Anforderungen, die aber mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht zu vereinbaren sind und den Bauherren Lasten auferlegen, die dem Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechen. Das verschleiert die Bundesregierung in ihrer Begründung (Bundesrats-Drucksache 113/13 vom 08.02.2013).
Aus der Begründung des Entwurfs der Energieeinsparverordnung 2014
In der Begründung des Entwurfs der Bundesregierung (Bundesrats-Drucksache 113/13 vom 08.02.2013) werden zunächst die Grundlagen benannt (Hervorhebungen ergänzt):
S. 64: "Im Energiekonzept hat die Bundesregierung angekündigt, dass die EnEV im Rahmen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit weiterentwickelt werden soll, um die Sanierungsziele zu erreichen, und dass mit der Novelle der EnEV das Niveau „klimaneutrales Gebäude“ für Neubauten bis 2020 auf der Basis von primärenergetischen Kennwerten eingeführt wird und dabei das geltende Wirtschaftlichkeitsgebot einzuhalten ist."S. 65: "Rechtsverbindliche energetische Anforderungen an die Errichtung und die Modernisierung von Gebäuden müssen sich überdies an dem seit jeher geltenden Maßstab der wirtschaftlichen Vertretbarkeit messen lassen."
Das sind in der Tat die verbindlichen Vorgaben für die Anforderungen. Sie werden durch die vorgesehenen und inzwischen auch in Kraft gesetzten Regelungen aber nicht eingehalten, wie folgende Zitate belegen: S. 67: "Die Bundesregierung hat sowohl rückblickend zu der Wirtschaftlichkeit der Verschärfungen der EnEV 2009 als auch zu Spielräumen für die künftige Anhebung der Effizienzstandards gutachterliche Einschätzungen eingeholt. Die praktischen Auswirkungen der derzeit geltenden EnEV wurden anhand von Wirtschaftlichkeitsberechnungen untersucht, welche die Investitionsentscheidungen sowohl von selbstnutzenden Wohneigentümern als auch von Wohnungsunternehmen und privaten Vermietern unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen auf unterschiedlichen regionalen Mietwohnungsmärkten analysieren. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die EnEV 2009 den gesetzlichen Vorgaben an die wirtschaftliche Vertretbarkeit entspricht. Investitionen in die Energieeffizienz lohnen sich aus Vermietersicht insbesondere, wenn dauerhafte Mietanhebungen in Höhe der eingesparten Energiekosten möglich sind."
Also wenn die Vermieter die Kosten auf die Mieter weiterwälzen können, ist es für sie (!) wirtschaftlich - ob es für die Mieter "wirtschaftlich" ist, also durch geringere Energiekosten ausgeglichen werden, wird nicht gesagt. Das ist doch für Politiker, denen an bezahlbaren Wohnungen liegt, eigentlich wichtig, oder? Und im Übrigen: können die Vermieter die Kosten in diesem Umfang weitergeben?
Und weiter heißt es für private Bauherren:
S. 74: "... und dass sich die Mehrkosten generell innerhalb angemessener Fristen amortisieren. Das bedeutet, dass sich die erhöhten Neubaukosten auf Grund der – gegenüber der EnEV 2009 – gestiegenen energetischen Anforderungen, etwa an die Wärmedämmung, für den Eigentümer rechnen: Die Neubaumehrkosten bringen gleichzeitig Einsparungen bei den Energiekosten mit sich, welche nach einer gewissen Zahl von Jahren, die unter der Lebensdauer des Gebäudes liegt, die EnEVbedingten Neubaumehrkosten übersteigen."
Da wird die Bundesregierung leider nicht konkret: von welcher Lebensdauer geht sie aus? 50 Jahre? Dann "amortisiert" sich der Mehraufwand spätestens nach 49 Jahren? Bei welchem angenommenen Zinssatz, wie wird die Amortisationsdauer berechnet? (Man hat schon Erstaunliches beobachtet, wenn für ein politisches Vorhaben gerechnet wird.) S. 109: "Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen werden für Wohngebäude anhand von 14 verschiedenen Gebäudeausführungen angestellt. Hierbei werden Varianten des Einsatzes von Wohnungslüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, verbesserten Wärmeschutz und Kombinationen dieser Maßnahmen betrachtet. Die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsberechnungen zeigen, dass eine angestrebte Einhaltung einer Amortisationszeit von 20 Jahren bei keiner der Varianten erfüllt wird. Die Deckungsfehlbeträge zur Erreichung des Kriteriums werden ausgewiesen und betragen bei einer angestrebten Primärenergiereduktion von rd. 30% zwischen 31 und 42 €/m² (Bezug AN). Vor dem Hintergrund der nicht darstellbaren Wirtschaftlichkeit bei der vorgegebenen Untersuchungsmethodik (Amortisationszeit) und vorgegebenen Randbedingungen (Energiekosten, Energiekostensteigerung und Zinssätzen), d.h. keine Einhaltung bzw. Unterschreitung von Amortisationszeiten von 20 Jahren wird empfohlen, die Anforderungen an Wohngebäude im Rahmen einer EnEV 2012 nicht zu verschärfen."