3 Millionen Euro bei einer Schule, insgesamt 100 Millionen Euro gespart
Einspruch gegen Bauplanung hat Erfolg: Verzicht auf den Passivhaus-Standard spart der Stadt Köln bei den aktuellen Baubeschlüssen 3 Millionen € Investitionen und langfristig Kosten von 5,7 Millionen € - bezogen auf das gesamte Schulbauprogramm von 1 Milliarde Investitionen liegt die Einsparung bei etwa 100 Millionen - Burkhardt Krems, 17.09.2013
Köln schützt das Klima und baut deshalb nach dem Passivhaus-Standard. So die "Energieleitlinien 2010", vom Betriebsausschuss Gebäudewirtschaft am 26.04.2010 beschlossen, und noch einmal 2012 bestätigt. Allerdings mit dem Vorbehalt, dass die Wirtschaftlichkeit immer zu überprüfen sei!
Dann beschloss der Stadtvorstand, auch die Baustandards auf den Prüfstand zu stellen, um den Haushalt zu entlasten. In der Vorlage für den Bau der Grundschule Fühlinger Weg 7 zur Ratssitzung am 19. März 2013 rechnete die Gebäudewirtschaft aber vor, dass "die Passivhaus-Lösung die langfristig wirtschaftlichste" sei. Die Mehrkosten würden durch die Energieeinsparung mehr als ausgeglichen, langfristig sei der Passivhausstandard 1,52% günstiger.
Die Rechnung der Verwaltung war gleich mehrfach falsch ...
Leider war diese Rechnung gleich mehrfach falsch: der aufwändigen Technik des Passivhauses traute man eine Nutzungsdauer von 80 Jahren zu, entsprechend gering waren die Abschreibungsbeträge. Und das verwendete Verfahren zur Berechnung der wirtschaftlichen Auswirkungen, seit Jahrzehnten bestens bekannt, in einer Arbeitsanleitung des Bundesfinanzministeriums, VDI-Richtlinien und in jüngster Zeit auch vom Land NRW herausgegebenen Anleitungen dokumentiert, wurde grundlegend falsch eingesetzt. So rechnete man mit einem fiktiven Kommunalkredit zu 7,5%: er hat in einer solchen Rechnung nichts zu suchen, und der Zinssatz ist völlig unzeitgemäß. Dafür kalkulierte man großzügig mit einer Steigerung der Erdgaspreise von 5% für die nächsten 30 Jahre, als hätte es die Entwicklungen auf dem Erdgassektor in den letzten Jahren nicht gegeben.
Auf meinen Einspruch hin setzte der OB den Tagesordnungspunkt ab, so dass noch einmal nachgedacht werden konnte. In den Erläuterungen zu den neuen Vorlagen für die Baubeschlüsse heißt es: "Anhand des Bauvorhabens Fühlinger Weg 7 wurde die Wirtschaftlichkeitsberechnung verwaltungsintern unter Heranziehung eines externen Sachverständigen abgestimmt." Eine zurückhaltende Formulierung dafür, was zu klären war und wie die Klärung erfolgte.
Immerhin: die neuen Berechnungen zeigen, dass die groben Fehler beseitigt wurden und nun plausible, intern abgestimmte Rechengrößen verwendet werden. Einige Fragen sind immer noch offen: warum kostet der Zwischenkredit für die Bauzeit 3,25% Zinsen? Spanien hat gerade (August 2013) dreijährige Anleihen zu 2,8% begeben - ist die Stadt Köln weniger kreditwürdig als Spanien? Und warum benötigt die Stadt Frankfurt am Main für ihre Schulbauten nur 18% Baunebenkosten, die Gebäudewirtschaft der Stadt Köln aber 23,5%? Und generell: warum wird das Rechnungsprüfungsamt bei Grundsatzentscheidungen wie der Festlegung von Baustandards gar nicht beteiligt?
An der Grundschule Fühlinger Weg 7 zeigt sich der Unterschied: nach der früheren Berechnung sollte der Passivhausstandard langfristig 1,5% sparen. Die neue Rechnung kommt dagegen zu langfristig 9,8% höheren Kosten! Bei einer Investition von etwa 13 Millionen Euro spart man also etwa 1 Million Euro, langfristig spart Köln sogar 1,5 Millionen Euro durch geringere Investition und Folgekosten.
Köln spart trotz Umplanungs- und höheren Energiekosten - aber mehrere Schulbauten verzögern sich. Einzelheiten... Zusammen mit den anderen am 19. Juli 2013 beschlossenen Schulbauprojekten spart Köln etwa 3 Millionen Euro an Investitionen und langfristig 5,7 Millionen Euro (siehe Tabelle). Und die Umwelt leidet darunter nicht, denn der Passivhaus-Standard entlastet die CO2–Bilanz kaum, siehe den folgenden Beitrag.
Anmerkung zur Tabelle:
Der "Kapitalwert" ist der Zeitwert aller Einsparungen durch den Verzicht auf den Passivhaus-Standard, mit der Kapitalwertmethode als anerkannter Methode der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung ermittelt. Die beim Passivhaus geringeren Energiekosten sind dabei berücksichtigt. Quellen und Arbeitshilfen siehe im Quellenverzeichnis.
Die Datengrundlagen und Berechnungen im Einzelnen: siehe die Dokumentation der Baubeschlüsse.
Die Differenz der Investitionssummen ist weniger aussagekräftig: Herrichtung, Erschließung, Außenanlagen und Ausstattung sind in diesem Zusammenhang irrelevant, beeinflussen aber den Prozentwert. Wesentlich ist der Unterschied bei den Kostengruppen 300 und 400, und diese Unterschiede wirken sich dann auch in den Nutzungskosten, etwa den Energiekosten, aus. Bei der Grundschule Fühlinger Weg etwa liegt der Unterschied bei den Kostengruppen 300 und 400 bei 10%, während die gesamte Investition nur 7,2% kostengünstiger ist.
Die Beschlüsse haben aber weitere - negative- Konsequenzen, die auf frühere Entscheidungen zurückgehen: zusätzliche Planungskosten und Bauzeitverzögerungen, weil bisher nach dem Passivhaus-Standard geplant wurde. Sie sind in der Tabelle in den letzten beiden Spalten angegeben. Dabei handelt es sich um Schätzwerte der Verwaltung, zum Teil fehlt auch die Angabe in den Beschlussvorlagen. Einzelheiten in der Dokumentation in der PDF-Datei.
Passivhaus-Standard ist ineffizient: 1,2 Mio. Euro investieren, um jährlich CO2 im Wert von 400 Euro zu sparen?
(Kurz-Url: http://bit.do/PH-Standard-oekologisch)
Die "Klimaneutrale Schule" gibt es zu 1% der Kosten!Aber Frankfurt a. M. errechnet einen wirtschaftlichen Vorteil für den PH-Standard: plant und baut man dort besser?
Nach den Daten der Gebäudewirtschaft der Stadt Köln erfordert der Passivhausstandard bei der zweizügigen Grundschule im Kölner Norden, Fühlinger Weg 7, eine zusätzliche Erstinvestition von 1,2 Mio. € (Berechnung siehe Tabelle unten zu "PH-Erstinvestition"), führt aber nur zu einer jährlichen CO2-Einsparung von 100 t/a mit einem aktuelle Marktwert an der Börse EEX von 400 €. Oder: um eine Tonne CO2 pro Jahr mit dem PH-Standard zu sparen, müssen erstmalig 12.000 Euro investiert und jährlich Kosten von etwa 500 Euro aufgewendet werden. Den gleichen Klima-Effekt könnte man aber auch erreichen, indem man CO2-Zertifikate im Wert von 4 Euro kauft.
Selbst wenn man den Marktwert der Emissionszertifikate für zu gering hält und deshalb 50 €/t CO2 ansetzt, den Betrag, den die Stadt Frankfurt - ihr folgend die Stadt Köln - für angemessen hält, kommt man auf einen Wert der CO2-Einsparung von jährlich 5.000 €, der immer noch außer Verhältnis steht zu der Erstinvestition von 1,2 Mio. € und jährlichen Zusatzkosten von 51.000 Euro.
Damit ist der Passivhausstandard für dieses Bauvorhaben auch ökologisch nicht empfehlenswert: mit den Aufwendungen lässt sich mit anderen Maßnahmen wesentlich mehr für den Umweltschutz und speziell für die CO2-Einsparung erreichen. Und ein möglichst günstiges Kosten-Wirkungs-Verhältnis ist auch Verpflichtung aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot: wenig Wirkung für die Umwelt mit hohem Aufwand verbietet sich immer!
Das Ergebnis dürfte für kleinere Schulbauprojekte und für viele andere Hochbauprojekte übertragbar sein, lediglich Großprojekte, vergleichbar der Gesamtschule Köln-Rodenkirchen mit einem kompakten Baukörper und zusätzlichen Maßnahmen, für die Fördergelder möglich sind (Solarenergie, Erdwärme) könnten eine andere Bewertung rechtfertigen, was im Einzelfall zu prüfen wäre.
Allerdings realisiert die Stadt Frankfurt den PH-Standard mit wesentlich geringeren Zusatzinvestitionen und Betriebskosten, sie ermittelt deshalb, dass der PH-Standard Geld spart (Quelle).
Anmerkung zur Frankfurter Rechnung: Die Investitionssumme ist nur etwa 4% höher, unter anderem weil auch außerhalb des Passivhaus-Standards immer eine mechanische Belüftung von Schulräumen vorgesehen ist, das Passivhaus deutlich weniger Strom verbraucht, vor allem aber weil die errechneten Einsparungen bei den Betriebskosten sich durch die angenommene Steigerung der Energiekosten für die kommenden 40 Jahre von jährlich 5% ergeben. Diese Annahme ist entscheidend, aber unrealistisch. Sie entspricht nicht der Entwicklung der letzten Jahre, und die Prognose der künftigen Entwicklung missachtet die Fakten: bei den Stromkosten soll sich die Energiewende langfristig ja gerade in niedrigeren Preisen bemerkbar machen, und die Erdgaspreise dürften sich in den kommenden 40 Jahren nicht um durchschnittlich 5% verteuern, weil die Marktverhältnisse völlig andere sind: zunehmende Angebote führen zu eher sinkenden Preisen. Entsprechend meiner Empfehlung rechnet die Gebäudewirtschaft der Stadt Köln mit einer jährlichen Steigerung der Erdgasbezugskosten von 3%, was zwar realistischer erscheint, aber das Einsparpotenzial immer noch deutlich zu hoch veranschlagt. B. K. 2017-12-16
Die Modellrechnung nach den Kölner Daten gilt also nur für den PH-Standard entsprechend den Kölner Planungen; wenn es wesentlich günstigere Gestaltungsmöglichkeiten geben sollte, ist diese Frage neu zu untersuchen. Allerdings sollte die 80-20-Regel beachtet werden (abnehmender Nutzen pro investiertem Euro, je höher man die CO2-Einsparung treibt).
Im Folgenden die Berechnung nach den Daten der Kölner Gebäudewirtschaft:
Tabelle 1: CO2-Einsparung durch Passivhaus- im Vergleich zu EnEV2009-Standard (eigene Darstellung)- Tabelle als PDF -
Alternative: Emissionszertifikate für 1% der Kosten / jährliche Umweltschutzaktivitäten
Der gleiche CO2-Einspareffekt wie durch das Passivhaus lässt sich durch den Kauf von Emissionszertifikaten erreichen. Denn mit dem Kauf von Zertifikaten wird die entsprechende CO2-Menge aus dem Handel genommen. Und 100 t CO2 kosten aktuell einschließlich Mehrwertsteuer etwa 400 €. Dann könnte man sich „Klimaneutrale Schule“ nennen, hätte den gleichen Umwelteffekt, aber 99% der Kosten gespart. Eine weitere Möglichkeit wäre es, jedes Jahr den als Umweltkosten errechneten Betrag von 5.000 € für Umweltprojekte bereit zu stellen, die einen anerkannten Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Zwischenergebnis
Mit dem PH-Standard wird so wenig CO2 eingespart, dass er erhebliche zusätzliche Aufwendungen / jährliche Kosten nicht rechtfertigt. Wenn, wie die Frankfurter vorrechnen, er jährlich Kosten spart, wäre er vorzuziehen - aber nur dann. Dieser Vorteil müsste zuverlässig nachgewiesen worden sein - was noch zu prüfen ist.
Offen: Die Lüftungsfrage
Die Stadt Frankfurt - und ihr folgend die Stadt Köln - gehen davon aus, dass eine gesundheitlich unbedenkliche Luftqualität nur durch eine mechanische Lüftung der Klassenzimmer erreichbar ist. Dann wäre das Vergleichsobjekt die so ausgestattete Schule, mit entsprechend höheren Kosten.
Burkhardt Krems, 2013-07-07
Siehe auch: Quellen zu energieffizientem Bauen
Sparen durch Absenkung der Baustandards?
Alle Bereiche müssen zum Sparen beitragen. So die einhellige Meinung in Politik und Verwaltung und der Beschluss des Kölner Stadtvorstandes. Also muss auch das Baudezernat einen Beitrag leisten: durch Hinausschieben von Reparaturarbeiten? Bringt nur etwas bei kameralistischer Kalkulation, denn jede Reparatur stellt nur den normalen Zustand her, wenn sie nicht durchgeführt wird, müsste eine Sonderabschreibung erfolgen: Wartung, Reparatur, Instandsetzung sind also eigentlich keine Belastungen im Ergebnishaushalt, weil den Aufwendungen ersparte Abschreibungen oder "aktivierte Eigenleistungen" gegenüberstehen. Per Saldo gibt es als keine Haushaltsbelastung!
Das scheint beim Kölner Sparen aber nicht so gesehen zu werden, wie der "Sparbeitrag" des Baudezernats belegt.
Ein zweiter Ansatz: Senkung der "Baukosten" - gemeint sind die Bauinvestitionen, die gar keine "Kosten", also Ressourcenverzehr/Minderungen des Vermögens sind, weil damit ja Werte geschaffen werden.
Auf dem Prüfstand stehen die Umweltstandards beim Bauen, hier am Beispiel einer neu zu bauenden zweizügigen Grundschule. Leuchtet ein. Verzicht auf den anspruchsvollen Passivhaus-Standard spart Geld, der Bau wird "billiger". Allerdings fallen dafür höhere Heizkosten an. Und schließlich: kann man bei einer modernen Schule auf eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung verzichten? Hier geht es also auch um den Nutzen: eine gute Luftqualität, die in der Schulpraxis durch systematisches Stoßlüften nicht erreichbar ist; man muss mit Dauerlüften rechnen, was die kalkulierten, technisch ermittelten Heizkosten erhöht.
Aber wie sieht die Kostenseite bei beiden Standards aus? Und zwar in der Gesamtbilanz über die Lebensdauer (Lebenszyklus-Kosten)?
Und da beginnen die Probleme - bzw. setzen sie sich fort: schon bei früheren Bauvorhaben gab es solche Berechnungen nach einer besonderen "Kölschen Variante" der Barwertrechnung, besser bekannt als Kapitalwertmethode: man rechnete 2010 beim Bühnenquartier mit einem - fiktiven - Kredit zu 4,5% Zinsen, und alle Ein- und Auszahlungen, auch Zins und Tilgung für die Kredite, wurden je nach dem Zeitpunkt, zu dem sie anfallen, "abgezinst", diskontiert, aber mit 2%, um zu errechnen, was eine Zahlung in späteren Jahren heute Wert ist. Merkwürdig nur: obwohl man zu 4,5% finanzierte, wurde abgezinst mit 2% - wenn man später zurückzahlt, dafür dann 4% mehr Zinsen zahlt, sind die späteren Raten aber nur mit 2% diskontiert, umgekehrt wird für eine frühere Rückzahlung gerechnet: man spart 4% Zinsen, bekommt damit aber nur einen um 2% höheren Barwert. Wo bleibt die Logik?
Jetzt wird wieder gerechnet, im Jahr 2012 aber mit 7% Zinsen für den Kredit, und diskontiert mit 4,5%. Begründung: keine. Sind die Zinsen seit 2010 fast doppelt so hoch geworden? Wo kommt dieser Zinssatz her, was ist da eingeflossen, wer legt ihn fest?
Die von der Verwaltung zur Begründung vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung widerspricht anerkannten Standards und den Regeln der Logik, und darf deshalb nicht als Grundlage der Ratsentscheidung verwendet werden: das wäre ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot.
Der Bundesrechnungshof veranstaltete vor einiger Zeit einen zweitägigen Workshop, um mit Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis die Frage zu untersuchen, wie hoch die Diskontraten anzusetzen sind (mein Beitrag dazu im Internet), in Köln kann das anscheinend jeder Bearbeiter in einem Fachdezernat richtig festlegen, wofür der Bundesrechnungshof umfangreiche Expertenbefragungen veranstaltet? Und jedes Fachdezernat macht es neu und anscheinend unabhängig von den anderen, die Kämmerei wird gar nicht erst gefragt - sonst wären derart unterschiedliche Zinssätze kaum zu erklären?
Und was übersehen wurde: alle Fragen sind in speziellen Veröffentlichen für die Hochbauverwaltungen bereits kompetent geklärt, man muss sie nur nutzen: siehe Literaturliste.
Immerhin hat der OB die Beschlussvorlage von der Tagesordnung abgesetzt, nachdem auf diese Merkwürdigkeiten hingewiesen worden war (siehe die Eingabe in dieser Sache). Man darf gespannt sein auf das Ergebnis (siehe dazu jetzt oben).
Wie die Frage des Passivhaus-Standards für das Bauvorhaben ökonomisch und ökologisch einzuschätzen ist, siehe im vorstehenden Beitrag: in jeder Hinsicht nicht empfehlenswert. Es wird deutlich teurer, die Zusatz-Investitionen und Folgekosten werden durch die Energieeinsparung nur zu einem Bruchteil ausgeglichen, wenn die Plandaten auch in der Praxis erreicht werden, und für die Umwelt bringt es sehr wenig: so wenig, dass dieser Aufwand nicht vertretbar ist, denn mit dem Geld ließe sich durch andere Maßnahmen sehr viel mehr für die Umwelt erreichen. Auch beim Umweltschutz muss wegen der begrenzten Mittel auf ein akzeptables Verhältnis zwischen Kosten und Wirkung geachtet werden.
Burkhardt Krems, 2013-05-24/2019-08-25
Ein weiteres archäologisches Museum für Köln?
Die Planungen
In Köln soll ein weiteres Archäologisches Museum entstehen (das Römisch-Germanische Museum gibt es bereits, das Kölnische Stadtmuseum präsentiert archäologische Funde ab dem Mittelalter). Dazu heißt es in der Ausschreibung für die Marketingmaßnahmen:
"Im Bereich des Rathausplatzes in der linksrheinischen Kölner Altstadt soll ein unterirdisches archäologisches Museum entstehen, das Einblicke in 2000 Jahre Stadtgeschichte an Originalbefunden ermöglicht. In dem oberirdischen Schutzbau sollen zusätzlich zu den Funden Ausstellungsbereiche die Jüdische Geschichte in Köln präsentieren."
Allein für Marketing sind 780.000 Euro vorgesehen, der Neubau selbst wird nach den Planungsdaten 2012 mit 52 Millionen Euro veranschlagt. Für den Betrieb des Museums wird ein Aufwand netto von jährlich 4,7 Millionen Euro (LVR Begründung 13/2038/1), zuzüglich Abschreibung, kalkulatorische Verzinsung, bauliche Unterhaltung veranschlagt.
Da der Haushalt der Stadt Köln für 2013 ein Defizit von mehr als 300 Millionen Euro vorsieht, hat eine Initiative eine Unterschriftenaktion gestartet, um mit einem Moratorium für alle Großprojekte eine Denkpause zu erzwingen, wie es mit dem Haushalt der Stadt weitergehen kann, ohne dass jedes weitere Haushaltsjahr mehr als 200 Millionen Euro des Eigenkapitals verbraucht werden.
Kosten des geplanten Museums Archäologische Zone
Kostensituation
Eine nachvollziehbare Kalkulation der Kosten und Erlöse liegt nicht vor (Recherche im Internet-Angebot der Stadt-Köln, der Museen, OffenesKoeln.de ergebnislos). Die angegebenen Kosten sind erkennbar zu niedrig angesetzt, Erlöse eher zu hoch. Den - einmaligen - "verlorenen" Kosten eines Verzichts stehen jährliche Einsparungen von mehreren Millionen Euro gegenüber, ein Verzicht "rechnet" sich also in kurzer Zeit.
Kosten eines Museums
Bei den jährlichen Kosten wurde bisher die kalkulatorische Verzinsung nicht berücksichtigt, die den Finanzierungsaufwand bzw. die Kapitalbindung ausgleicht. Sie ist mit jährlich mindestens 1 Million Euro anzusetzen.
"Verlorene Kosten" eines Verzichts
Sie werden in der Ratsvorlage 1445/2011 mit 5,4 Millionen Euro beziffert. Das wären "Einmalkosten", denen jährliche Einsparungen von mehreren Millionen Euro gegenüber stehen, so dass sich dieser Betrag in kürzester Zeit amortisiert hätte. Berücksichtigt man die Gesamtkosten, die dem Steuerzahler entstehen (nicht nur zu Lasten des Haushalts der Stadt Köln), "rentiert" sich der Verzicht bereits in weniger als einem Jahr.
„Verlorene Kosten“ sind kein Argument für weitere Investitionen und jährliche Kosten von mehreren Millionen Euro.
Das zeigt die folgende Übersicht nach amtlichen Daten (soweit verfügbar):
Einsparungen bei Verzicht auf das Museum, jedes Jahr erneut: |
1. Abschreibungen laut Haushaltsplan 2013/14 | 1,2 Mio. € |
2. Kalkulatorische Verzinsung mindestens | 1,0 Mio. € |
3. Folgekosten abzüglich Erlöse (Anlage 5 der Ratsvorlage 1445/2011) | 4,1 Mio. € |
Summe jährliche Einsparungen mindestens | 6,3 Mio. € |
Der Landschaftsverband Rheinland rechnet mit höheren Kosten.
Danach sind die Einsparungen bereits in einem Jahr höher als die "verlorenen Kosten". Berücksichtigt man nur die Belastung des Haushaltes der Stadt Köln, "rentiert" sich der Verzicht in spätestens drei Jahren.
Wegfall der Landesmittel als „verlorene Kosten“?
Zum Teil wird mit dem Wegfall der Landesmittel argumentiert. Dann steigen die „verlorenen Kosten“ auf 20 Millionen Euro oder mehr. Nur:
- Die Landesmittel gehörten nie frei verfügbar zum Vermögen der Stadt Köln, ihr Wegfall verursacht deshalb auch keine „Kosten“ (ist kein Vermögensverzehr: mehr zu „Kosten“ im Online-Verwaltungslexikon www.olev.de),
- außerdem sind sie nicht ausschließlich für das Museum vorgesehen, sondern für die Ausgrabungen und die Sicherung der Funde: dieser Anteil bleibt erhalten. Die Grabungskosten werden im Haushaltsplan 2013/24 zum Beispiel mit insgesamt 2,3 Millionen Euro kalkuliert.
In dem Zusammenhang wäre es wichtig, der Öffentlichkeit den Zuwendungsbescheid zugänglich zu machen, damit Missverständnisse und Fehlinterpretationen eingedämmt werden können.
Das gilt in gleicher Weise für Informationen über die Besucherzahlen, die zwischen 230.000 pro Jahr (Ausschreibung für PR und Öffentlichkeitsarbeit) über 350.000 (Prof. Wilhelm, LVR, laut Presseberichten) bis zu einer Million (Kölner Politiker) reichen. Davon hängt dann ab, mit welchem Nutzen bzw. welchen Erlösen gerechnet werden kann – vorausgesetzt, man bezieht die Auswirkungen zum Beispiel auf das Römisch-Germanische Museum mit ein. Denn Köln-Besucher werden oft nur eines der archäologischen Museen besuchen, also entweder RGM oder das Museum Archäologische Zone / Jüdisches Viertel. Die Besucherzahl des neuen Museums kann also zum Teil zu Lasten des RGM gehen, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Erlöse dort.
Burkhardt Krems, 2013-02-24