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PPP - Public Private Partnership


Brückensanierung durch private Investoren? Das Kölner Problem

Viele Kölner Brücken sind marode. Und die Versicherungsbranche sucht dringend nach sicheren Anlagemöglichkeiten, die eine langfristige Rendite über dem aktuellen Niveau von Staatsanleihen bieten. Auf diesem Hintergrund bringt der Kölner OB Roters (nach dem Bericht im Kölner Stadtanzeiger vom 15. Januar 2015, Seite 23) die Möglichkeit ins Spiel, die Brücken über PPP, Public Privat Partnership, sanieren zu lassen, finanziert von der Wirtschaft, die dafür einen Teil der Maut-Einnahmen erhält. Eine Schnapsidee? Denn die öffentliche Hand kann solche Investitionen doch günstiger finanzieren als es den Renditeerwartungen der Wirtschaft entspricht. Also würde man Geld sparen, wenn man selbst finanziert. Oder?

Ganz so einfach ist es nicht. Der OB argumentiert,"Wenn der Bund nicht genug investiert, muss es die freie Wirtschaft tun." Der Kommune kann es egal sein, ob der Bund so vorgeht: Hauptsache es tut sich etwas. Denn die maroden Brücken sind ein Hemmschuh für die Kölner Wirtschaft.

Warum aber könnte der Bund so vorgehen? Es geht um Schäubles schwarze Null. Denn der Bund hat noch die klassische kameralistische Haushaltswirtschaft. Und da sind Investitionen in voller Höhe in den Haushalt einzustellen, wenn sie zu zahlen sind, und die Milliarden, um die es hier geht, gefährden die schwarze Null in den nächsten Haushaltsjahren. Anders, wenn die Investitionen privat vorfinanziert werden und zum Ausgleich der Bund dann langfristig auf Einnahmen aus der Lkw-Maut verzichtet: das sind über die Jahre verteilt jeweils vergleichsweise kleine Beträge, die die schwarze Null nicht gefährden. Dass man über die Jahre mehr zahlt als bei Eigenfinanzierung, macht nichts: die schwarze Null steht, und darauf kommt es an!

Es zeigt sich die Wirkung der kameralistischen Haushaltswirtschaft: Investitionen werden falsch bewertet, und deshalb „lohnt“ es sich politisch, unwirtschaftlich zu handeln. Anders in den Kommunen, die auf die doppische Haushaltswirtschaft umgestellt haben, in NRW "NKF" genannt: Neues Kommunales Finanzmanagement. Da belasten Investitionen nicht den Ergebnishaushalt, weil den Ausgaben Wertsteigerungen gegenüber stehen. Investitionen sind kein Ressourcenverbrauch, weil mit dem Geld Werte geschaffen werden!

Schäubles "schwarze Null" im Bundeshaushalt dagegen wird erreicht, indem Lasten in die Zukunft verlagert werden, ein klassisches Haushaltsinstrument, aber weder generationengerecht noch wirtschaftlich.

Ist PPP für die Sanierung Kölner Brücken also eine Schnapsidee, der Haushaltswirtschaft des Bundes und Schäubles "schwarzer Null" geschuldet?

Was PPP leisten kann - und was nicht

Die Sache ist doch etwas komplizierter. Wenn Politik und/oder Verwaltung versagen, nicht vernünftig geplant, kontrolliert, instandgehalten wird, wie es Köln für die Vergangenheit oft nachgesagt wird, könnte man tatsächlich Geld sparen über einen privaten Investor, der das Ganze in die Hand nimmt und effizient umsetzt. 

PPP ist vorteilhaft, wenn das öffentliche Management schlecht ist, und
man damit Projekte schneller, besser und/oder effizienter umsetzt.

Warum Roters Vorschlag vielleicht doch nicht so schlecht ist ...

Es gibt einige weitere Dinge, die Hintergrund für Roters Vorschlag sein können. 

  • Aus kommunaler Sicht kann es egal sein, ob es für den Bund teurer wird, Hauptsache es tut sich etwas. Und das ist mit ein Grund, weshalb PPP praktische Vorteile haben kann: es tut sich überhaupt etwas und in absehbarer Zeit, denn Planungs- und Bewilligungsverfahren in der öffentlichen Verwaltung ziehen sich oft über (zu) viele Jahre hin.
  • Und der Bund hat noch die alte Kameralistik, da „lohnt“ es sich für den Haushälter unter Umständen, statt Investitionen selbst zu finanzieren, sie aus dem Haushalt auszugliedern. Ein privater Investor finanziert, baut, betreibt, alles außerhalb eines öffentlichen Haushaltes, unter Vermeidung all der Komplikationen der öffentlichen Haushaltswirtschaft und des Beschaffungswesens (mit der Verpflichtung, größere Aufträge erst europaweit auszuschreiben, wenn die Verzögerung dadurch viele Millionen kostet). Statt die Investition im öffentlichen Haushalt zu planen, zahlt man dann regelmäßig etwas - oder, wie hier: gibt dem Investor einen Anteil an Einnahmen, was eine Milchmädchenrechnung ist: es kostet die öffentliche Hand so viel, als würde man die gesamte Maut vereinnahmen und dann transparent ausweisen, was der Investor bekommt. 

Das ist der "Vorteil" von PPP bei der Kameralistik: im Augenblick muss man gar nichts zahlen, sondern verschiebt Zahlungen in die Zukunft. Eigentlich ein übler Trick, aber gängig in der Kameralistik – weshalb wir auf kommunaler Ebene ja zu Recht auf das doppische Rechnungswesen umgestellt haben. Da bringt das nichts, denn Investitionen sind für den Ergebnishaushalt neutral, weil den Zahlungen, die geleistet werden, ein Wertzuwachs entspricht, so dass der Bau selbst keine Belastung für den Ergebnishaushalt darstellt - was viele Politiker bisher aber noch nicht verstanden haben, aber das ist eine andere Sache.

  • Und ein anderer Grund für PPP könnte sein, dass öffentliches Baumanagement manchmal katastrophal schlecht ist und man deshalb etwas gewinnt, wenn Bau und Unterhaltung von einem privaten Unternehmen geleistet werden. 

Wir dürfen nicht dem Irrtum erliegen, wenn zwei das Gleiche tun, ist es das Gleiche. Management macht einen ganz großen Unterschied, das wird in der öffentlichen Verwaltung leider oft nicht gesehen. Dabei gibt es zahlreiche Projekte, bei denen Projektmanagement der öffentlichen Hand versagt zu haben scheint. Und nicht nur da: selbst wo es um Leben und Freiheit geht, ist das öffentliche Management manchmal ausgesprochen schlecht, es wird nur nicht evaluiert, also man merkt es nicht. Und in fast allen Fällen, in denen polizeiliches Handeln untersucht worden ist, zeigte sich katastrophales Fehlversagen: NSU-Mordserie, Love Parade-Unglück, Schleier-Entführung usw. Nur: polizeiliches Handeln wird nicht regelmäßig oder auch nur stichprobenweise überprüft, weshalb wir gar nicht wissen, welches Potenzial wir verschenken, weil eben keine Intelligenz in die Optimierung der Arbeit gesteckt wird. 

Wenn Autos auf dem Qualitätsniveau gebaut werden würden, auf dem die öffentliche Verwaltung funktioniert, sollte man lieber zu Fuß gehen, denn ihre Benutzung wäre lebensgefährlich. Das ist keine populäre Einsicht, denn selten wird in Prozessen gedacht; es hat aber in dieser Frage unmittelbare Bedeutung.

Zusammenfassend:

  1. PPP ist überflüssig, wenn Vorhaben von der öffentlichen Hand zeitgerecht begonnen und gut durchgeführt werden. Voraussetzung ist also gutes öffentliches Management und das Fehlen relevanter Restriktionen durch die Regeln für die öffentliche Verwaltung, insbesondere das Haushaltsrecht.
  2. PPP kann sich empfehlen um Dinge voranzubringen, die bei Finanzierung oder Umsetzung durch die öffentliche Hand nicht vorankommen. Der Nutzen, der durch den Zeitgewinn entsteht, kann die Zusatzkosten übersteigen. 
  3. PPP kann sich empfehlen, weil die Investitionsmaßnahme damit kostengünstiger und/oder berechenbarer oder in besserer Qualität erfolgt. Öffentliches Management ist oft deutlich schlechter, diese Mehrkosten schlechten öffentlichen Managements können den Vorteil durch niedrigere Finanzierungskosten der öffentlichen Hand übersteigen: PPP ist dann wirtschaftlicher (hat ein besseres Nutzen-Kosten-Verhältnis).
  4. PPP kann sich auch lohnen für Unterhaltung und Betrieb, wenn ein Privatunternehmen das besser managt: weil er Spezialist dafür ist oder einfach generell über besseres Management verfügt als die öffentliche Hand – was gleichzeitig die Frage stellt, warum die öffentliche Verwaltung nicht gut genug ist. Aber wenn man die Qualität öffentlichen Managements realistischerweise nicht ändern kann, könnte PPP ein konstruktiver „Umweg“ sein, den die Politik wählt. Auch hier wieder könnte die höhere Effizienz bei privater Erledigung Mehrkosten der Finanzierung kompensieren oder überkompensieren: der private Investor macht Gewinn, und für die öffentliche Hand wird es trotzdem kostengünstiger.
  5. PPP lohnt sich nicht, wenn es nur um die Finanzierung von Vorhaben geht.  Denn die öffentliche Hand kann sich Geld im Zweifel billiger besorgen als die Privatwirtschaft. Allerdings können Haushälter im Rahmen der klassischen, kameralistischen Haushaltsführung ein Interesse an PPP haben, um Vorhaben eher durchsetzen und finanzieren zu können. Derartige "Rechnungen" widersprechen aber im Zweifel dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (ein klassischen Problem der Kameralistik).
  6. PPP muss von der öffentlichen Hand gut gemanagt werden, weil die Partner in der Privatindustrie ihren Vorteil suchen werden und sich klassische Probleme ergeben, wie sie die Wirtschaftswissenschaften für Prinzipal-Agent-Verhältnisse behandeln. Partner, die an langfristigen Geschäftsbeziehungen interessiert sind, werden es aber eher vermeiden, die öffentliche Hand über den Tisch zu ziehen!
  7. Es gibt keine allgemein gültige Bewertung von PPP und/oder bestimmten PPP-Varianten (weder Teufelszeug noch Patentlösung). Wenn PPP vorteilhaft sein kann, dann muss sie aber auch richtig ein- und umgesetzt werden, damit die Vorteile erreicht und die Nachteile vermieden werden.
Quellen zu ÖPP (zum Beispiel Stellungnahmen und Handlungsanleitungen der Rechnungshöfe) und zur Analyse der Wirtschaftlichkeit von Varianten, einschließlich der Varianten ÖPP und Eigenerstellung.

Burkhardt Krems, 2015-03-22/2016-03-06

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Quellen zu Wirtschaftlichkeit von Bauvorhaben

Quellen zu PPP/ÖPP


 








PPP ermöglicht Investitionen, ohne Schäubles "schwarze Null" zu gefährden.



PPP hat Charme für den Bund nur deshalb, weil er noch kameralistisch rechnet, nicht aber wirtschaftlich.









PPP lohnt sich, wenn öffentliches Management schlecht ist ... 














































PPP lohnt sich, wenn der Private es wirklich besser kann!





PPP muss auch richtig ein- und umgesetzt werden! Sonst bleibt der Vorteil Theorie.







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